Wie war das noch mal mit den Proteinen? Überall wird von ihnen gesprochen – dass sie supergesund sind, unverzichtbar beim Abnehmen und dass vor allem Fleisch viel von ihnen enthält. Doch was genau Proteine sind und wofür der Körper sie braucht, steht meistens nicht dabei. Deshalb gibt es hier eine kleine Einführung in Protein-Kunde.
Was Proteine eigentlich sind:
Proteine sind tatsächlich unverzichtbar für uns. Immerhin besteht das Trockengewicht des Menschen (also ohne die 70 bis 80 Prozent Wasser) zur Hälfte aus Proteinen. Jeder von uns besitzt zehntausende unterschiedliche Proteine, die sich je nach Funktion unterscheiden. Sie übernehmen viele wichtige Funktionen im Körper: chemische Reaktionen beim Stoffwechsel, Immunabwehr, Transport von Stoffen durch den Körper, Signalweiterleitung oder stützende Funktion.
Diese tausenden von verschiedenen Proteinen können wir aber nicht alle mit der Nahrung aufnehmen. Sondern der Körper muss sie selbst herstellen. Und zwar aus Aminosäuren – den Proteinbausteinen. Diese setzt er Stück für Stück zu langen Ketten zusammen und faltet sie dann, zum Beispiel zu kugelförmigen Gebilden. Es gibt 21 verschiedene Aminosäuren, aus denen alle Proteine hergestellt werden können.
Eiweiß ist übrigens nur ein anderer Name für Protein. Und damit es nicht zu Verwirrungen kommt; Protein-Eiweiß ist nicht dasselbe wie das Weiße vom Ei – das enthält aber natürlich viel Protein, wenn auch paradoxerweise nicht so viel wie das Eigelb.
Wie der Körper zu dem Protein kommt, das er braucht:
Unser Körper verfügt über ein hochkomplexes Mess- und Reportingsystem, das sofort feststellt und meldet, wenn irgendwo ein bestimmtes Protein gebraucht wird. In dem Fall schaltet er seine Protein-Maschine – das Ribosom – ein, das das gewünschte Protein herstellt. Dafür braucht es eine ganze Menge an verschiedenen Aminosäuren, die es nach dem speziellen Bauplan für das jeweils benötigte Protein zusammensetzt. Weil die Zusammensetzung ganz genau nach Plan erfolgen muss, ist es wichtig, dass immer alle 21 Aminosäuren in genügender Menge im Körper vorhanden sind. Wenn das Protein schließlich fertig hergestellt ist, wird sie an die richtige Stelle im Körper transportiert, genau dort wo sie gebraucht wird.
Wie wir an die Proteinbausteine kommen
Unser Körper kann die meisten Aminosäuren selbst herstellen. Aber nicht alle: Acht der insgesamt 21 kann er nicht selber produzieren und ist deshalb darauf angewiesen, dass wir sie mit dem Essen zu uns nehmen. Das sind die vielzitierten essenziellen Aminosäuren. Wenn sie fehlen, dann kann der Körper alle Proteine, in denen sie vorkommen, nicht mehr herstellen; man spricht in dem Fall von Proteinmangel.
Wer regelmäßig Fleisch oder Eier isst, kann sich ganz sicher sein, alle essenziellen Aminosäuren zu bekommen, denn in tierischen Produkten sind sie in einer ausgewogenen Mischung vorhanden. Veganer oder Vegetarier dagegen müssen da etwas genauer auf ihre Ernährung achten: Zum Beispiel Mais enthält zwar pflanzliches Protein, aber leider nur sechs der acht essenziellen Aminosäuren. Lysin zum Beispiel fehlt. Bohnen und andere eiweißreiche Hülsenfrüchte enthalten Lysin, dafür fehlen ihnen zwei andere essenzielle Aminosäuren. Wer aber beides gemeinsam isst (und nicht Mais heute und Bohnen morgen!), bekommt von allen essenziellen Aminosäuren etwas ab. Vegetarische Chili-Wraps kann ich hier nur empfehlen :-)!
Warum Proteine wichtig, aber kein Allheilmittel sind
Beim Muskelaufbau wächst der Körper gewissermaßen an einigen Stellen, daher werden mehr Proteine als für den normalen Stoffwechsel benötigt. Bei der Verdauung zersetzt der Körper das Eiweiß in Fleisch, Milch und Co. in die einzelnen Aminosäuren. Aus ihnen baut der Körper schließlich die eigenen Muskelproteine auf. Wer es genauer wissen will: Myosin, Actin und Tropomyosin heißen die Muskelproteine. Aus ihnen setzen sich die Myofibrillen zusammen, die kleinsten Muskeleinheiten. Beim Muskelwachstum bilden sich in den Muskelfasern neue Myofibrillen, wodurch der Muskel dicker wird.
Wer an Muskeln zunehmen will, muss übrigens etwas mehr Kalorien zu sich nehmen, als er verbraucht. Die alltägliche Ernährung, solang sie ausgewogen ist, kann normalerweise ausreichen, um den Proteinbedarf für den Muskelaufbau zu decken. Shakes und Co. sind gar nicht notwendig. Denn die kann man problemlos ersetzen, indem man etwas mehr Geflügel, Garnelen, Nüsse, Käse oder Magerquark in seinen Speiseplan integriert.
Warum man auch von Proteinen zunehmen kann
Dass eine proteinreiche Ernährung beim Abnehmen helfen kann, da ist sicherlich was dran. Aber hier kommt es vor allem auf das Wie an. Wer sich den ganzen Tag mit proteinreichen und fettigen Dingen vollstopft und dabei die Kalorien ignoriert, wird sicherlich nicht abnehmen. Denn der Körper nutzt Proteine nicht nur zum Bilden eigener Proteine, zum Beispiel in den Muskeln. Sondern er kann sie genauso in Energie umwandeln, wie Zucker und Fett auch. Das heißt auf der einen Seite, dass auch Proteine im Essen zu Fettpölsterchen werden können. Auf der anderen Seite bedeutet es, dass der Körper bei Energiemangel auch auf die Proteine in den eigenen Muskeln zurückgreift, sie abbaut und in Energie umwandelt – Energie hat nämlich im Körper immer Priorität.
Trotzdem hilft eine Protein-fokussierte Ernährung vielen beim Abnehmen. Denn wer statt eines großen Tellers Nudeln mit Sahnesoße am Abend ein Putensteak mit Salat isst, hat gute Chancen, sein Gewicht zu reduzieren. Meine Theorie: Wer abends auf Kohlehydrate verzichtet und den Schwerpunkt auf fettarme Proteine setzt, nimmt tendenziell weniger Kalorien zu sich.
Quellen: Campbell/Reece: Biology